01.09.2016 / SSBP: Abmahnung

Vor Ausspruch einer Kündigung wird eine Abmahnung für erforderlich gehalten, wenn es sich bei der Pflichtverletzung des Arbeitnehmers um ein steuerbares Verhalten handelt und eine Wiederherstellung des Vertrauens zu erwarten ist. Aus dem Verhältnismäßigkeitsprinzip, das auch für Arbeitsverhältnisse gilt, folgt die Notwendigkeit der Abmahnung.

Mit der Erteilung einer Abmahnung gibt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer in einer klar erkennbaren Art und Weise zu verstehen, dass der Arbeitnehmer vertragliche Pflichten verletzt hat und fordert ihn unter Androhung weitergehender Konsequenzen für erneute Pflichtverletzungen, dazu auf, sich zukünftig vertragstreu zu verhalten. Eine Abmahnung hat somit zunächst eine Hinweisfunktion. Mit der Abmahnung weist der Arbeitgeber den Arbeitnehmer darauf hin, dass er eine konkrete Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis verletzt hat. Zugleich erfüllt die Abmahnung eine Rügefunktion, das heißt, dass der Arbeitgeber anzeigt, dass er die Hinnahme der Pflichtverletzung nicht duldet. Zuletzt kommt der Abmahnung eine Warnfunktion zu. Denn der Arbeitgeber droht dem Arbeitnehmer für den Fall einer sich wiederholenden Pflichtverletzung an, arbeitsrechtliche Konsequenzen zu ziehen, namentlich das Arbeitsverhältnis zu kündigen.

 

Wann ist eine Abmahnung wirksam?

Das Gesetz macht keine Vorgaben über die Form oder den Inhalt einer Abmahnung. Die Abmahnung ist damit grundsätzlich formfrei, wird aus Beweiszwecken aber regelmäßig in schriftlicher Form erteilt. Die Abmahnung ist eine empfangsbedürftige geschäftsähnliche Handlung, die nur dann wirksam wird, wenn sie dem betreffenden Arbeitnehmer zugeht. Abmahnungsberechtigt sind der Arbeitgeber oder die den Arbeitgeber vertretenden Personen. Insbesondere ist jeder weisungsbefugte Vorgesetzte abmahnungsberechtigt.

Es existiert keine Frist innerhalb derer eine Abmahnung ausgesprochen werden muss. Das Recht zum Ausspruch einer Abmahnung kann jedoch verwirken, wenn der Arbeitgeber über einen längeren Zeitraum von seinem Recht zur Abmahnung keinen Gebrauch macht und der Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers schließen kann, er werde für die begangene Pflichtverletzung nicht mehr in Form einer Abmahnung sanktioniert.

Die Abmahnung unterfällt auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Geht es um vereinzelte Bagatellverstoße, darf eine Abmahnung nicht ausgesprochen werden. Inhaltlich muss die Abmahnung das gerügte Fehlverhalten zweifelsfrei bezeichnen. Dem Arbeitnehmer muss genau mitgeteilt werden, welches Fehlverhalten ihm vorgeworfen wird.

Besteht ein Betriebsrat, so muss dieser vor Ausspruch der Abmahnung nicht beteiligt werden.

 

Wie geht ein Arbeitnehmer gegen eine Abmahnung vor?

Ein Arbeitnehmer kann gegen eine Abmahnung Klage vor dem Arbeitsgericht auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte und auf Widerruf der in der Abmahnung aufgestellten Behauptung klagen. Darlegungs- und Beweispflichtig für das Vorliegen einer Abmahnung und deren sachliche Berechtigung ist der Arbeitgeber. Richtig ist jedoch, dass dem Arbeitnehmer keine Nachteile entstehen können, wenn er die Abmahnung gerichtlich nicht angreift. Nimmt der Arbeitnehmer die Abmahnung passiv hin, ohne sich zur Wehr zu setzen, bedeutet das nicht, dass er die inhaltliche Richtigkeit der Abmahnung akzeptiert und sein Fehlverhalten einräumt.

Es muss aus Arbeitnehmersicht immer genau überlegt werden, ob ein Klageverfahren gegen die Abmahnung sinnvoll ist. Denn insofern der Arbeitnehmer den Prozess gegen die Abmahnung gewinnt, weiß der Arbeitgeber, dass er auf Grundlage dieser Abmahnung keine Kündigung aussprechen kann. Des Weiteren werden sich aus dem Urteil die Unwirksamkeitsgründe der Abmahnung ergeben und dem Arbeitgeber bliebe sodann die Möglichkeit, das Fehlverhalten durch eine erneute Abmahnung unter Berücksichtigung der durch das Gericht im Urteil aufgezeigten Fehler neu und wirksam zu erteilen. Verliert der Arbeitnehmer den Prozess gegen die Abmahnung, so weiß der Arbeitgeber rechtsicher, dass er bei einer wiederholten Pflichtverletzung gute Chancen hat, das Arbeitsverhältnis durch Kündigung zu beenden. Deshalb wird in der Praxis nur selten gegen die Erteilung einer Abmahnung geklagt. Die Praxis greift regelmäßig darauf zurück, eine Gegendarstellung schriftlich zu formulieren und den Arbeitgeber zu bitten, diese zur Personalakte zu nehmen. Mit der Gegendarstellung werden die Einwendungen gegen die Abmahnung dargelegt und dem Arbeitgeber aufgezeigt, dass aus Sicht des Arbeitnehmers eine wirksame Abmahnung nicht vorliegt.

 

Wann ist eine Abmahnung durch den Arbeitnehmer zulässig?

Eine Abmahnung kann auch durch den Arbeitnehmer bei Pflichtverletzungen des Arbeitgebers ausgesprochen werden. Den Arbeitgeber treffen nicht nur die Hauptleistungspflichten, wie Zahlung des Lohnes, sondern viele Nebenpflichten, wie die Gewährung von Erholungsurlaub, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder die Einhaltung der Arbeitsschutz- und Gesundheitsbestimmungen. Der Arbeitnehmer muss Pflichtverletzungen des Arbeitgebers nicht hinnehmen, sondern kann seinerseits den Arbeitgeber mit dem Ziel abmahnen, den Arbeitgeber zu vertragskonformen Verhalten anzuhalten. Verstößt der Arbeitgeber wiederholt gegen seine Pflichten, so kann der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis kündigen und, sofern der Arbeitnehmer durch den allgemeinen Kündigungsschutz des Kündigungsschutzgesetzes geschützt war, den sogenannten Auflösungsschaden für den Verlust des Arbeitsplatzes geltend machen.

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