Verhaltensbedingte Kündigung

Mit einer verhaltensbedingten Kündigung möchte diejenige Vertragspartei das Arbeitsverhältnis beenden, aus deren Sicht die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zumutbar ist, weil weitere Pflichtverletzungen durch die andere Vertragspartei zu besorgen sind. Die verhaltensbedingte Kündigung dient nicht dazu, in der Vergangenheit liegende Pflichtverletzungen zu sanktionieren, sondern soll einer Vertragspartei die Möglichkeit geben, sich von dem Arbeitsvertrag zu lösen, wenn ihm eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zumutbar ist. Grund hierfür sind Vertragspflichtverletzungen des jeweils anderen Vertragsteils und die Berechtigte Sorge, dass auch in Zukunft mit weiteren Pflichtverstößen der anderen Vertragspartei zu rechnen ist. Eine verhaltensbedingte Kündigung kann durch den Arbeitgeber aber auch durch den Arbeitnehmer ausgesprochen werden. Kündigt der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis wegen Pflichtverletzungen des Arbeitgebers, kann dem Arbeitnehmer unter Umständen ein Anspruch auf Schadensersatz in Form des sogenannten Auflösungsschaden zustehen.

 

Kann ein Arbeitgeber wegen außerdienstlichen Verhaltens kündigen?

Außerdienstliches  Verhalten ist grundsätzlich nicht kündigungsrelevant. Aus dem Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers folgt, dass Freizeit privat gestaltet werden kann. In Ausnahmefällen können jedoch auch Vorgänge im privaten Bereich eine Verletzung arbeitsvertraglicher Nebenpflichten darstellen. Denn auch ohne betriebsbezogenen Anlass ist ein Arbeitnehmer zur Sorgfalt und zur Rücksichtnahme auf die Interessen seines Arbeitgebers verpflichtet. So kann ein außerdienstliches Verhalten zu einer betrieblichen Unruhe führen oder aber eine Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer begründen.

 

Was sind die Voraussetzungen einer verhaltensbedingten Kündigung durch den Arbeitgeber?

Nach § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG können verhaltensbedingte Gründe die Kündigung sozial rechtfertigen. In Betracht kommen in erster Linie Verletzungen vertraglicher Haupt- oder Nebenpflichten durch den Arbeitnehmer. Diese müssen durch den Arbeitnehmer grundsätzlich schuldhaft ausgeübt worden sein. Die Art der in Betracht kommenden Pflichtverletzungen lässt sich nicht begrenzen. Im Groben kann eine Nichtleistung, die verspätete Leistungen oder die Schlechtleistung als grobe Kategorie benannt werden. Weiterhin kann die Verletzung von Nebenpflichten in Betracht kommen: jede Partei eines Arbeitsvertrages ist zur Rücksichtnahme, zum Schutz und zur Förderung des Vertragszweckes verpflichtet. Zu diesen Nebenpflichten aus dem Arbeitsverhältnis gehören beispielsweise allgemeine Sorgfalts,- Obhuts,- Fürsorge-, Aufklärungs,- und Anzeigepflichten.

Die Verletzung einer Vertragspflicht reicht zur sozialen Rechtfertigung einer verhaltensbedingten Kündigung allein grundsätzlich nicht aus. Erforderlich ist weiterhin, dass eine sogenannte Negativprognose besteht. Der Zweck der verhaltensbedingten Kündigung ist zukunftsbezogen. Mit ihr soll das Risiko weiterer Vertragspflichtverletzungen ausgeschlossen werden. Es gilt der Grundsatz,, dass je stärker das Verschulden einer Vertragspflichtverletzung wiegt, umso eher ist die Negativprognose gerechtfertigt. Ist der Arbeitnehmer betreffend einer gleichartigen Pflichtverletzung bereits abgemahnt worden und verstößt der Arbeitnehmer wiederholt gegen eine gleichartige Pflicht, ist die Negativprognose in der Regel gegeben.

Die verhaltensbedingte Kündigung ist daher regelmäßig nur dann gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer zuvor einschlägig abgemahnt wurde. Der Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung aufgrund der Verletzung von Haupt- als auch Nebenpflichten aus dem Arbeitsverhältnis bedarf grundsätzlich einer vorherigen Abmahnung. Eine Abmahnung kann allerdings dann entbehrlich sein, wenn eine besonders schwere Vertragspflichtverletzung vorliegt. Um eine so schwere Pflichtverletzung handelt es sich, wenn selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektivem Maß unzumutbar ist und damit offensichtlich, auch für den Arbeitnehmer, erkennbar, ausgeschlossen ist.

Die verhaltensbeindingte Kündigung ist ferner nur dann sozial gerechtfertigt, wenn sie verhältnismäßig ist. Stehen dem Arbeitgeber zur Verfolgung seiner berechtigten betrieblichen oder vertraglichen Interessen daher minderer Mittel zu, muss er diese grundsätzlich umsetzen. Bei verhaltensbedingten Kündigungen kann beispielsweise eine Versetzung in Betracht kommen. Dies gilt jedoch nur, wenn es sich um eine arbeitsplatzbezogene, verhaltensbedingte Vertragspflichtverletzung handelt.

Zuletzt nimmt das Arbeitsgericht eine Interessenabwägung vor. Ob das Verhalten eines Arbeitnehmers im Einzelfall geeignet ist, einen Arbeitgeber zu kündigen, ist nämlich unter Berücksichtigung aller maßbeglichen Umstände durch eine umfassende Abwägung mit gegenseitigen Interessen zu ermitteln. In die Interessenabwägung fließen nur arbeitsvertragliche und sachverhaltsbezogene Umstände ein und hierbei spielt insbesondere die Intensität der Vertragspflichtverletzung eine Rolle. Private Umstände, wie beispielsweise Unterhaltspflichten, werden grundsätzlich nicht im Rahmen einer Interessenabwägung berücksichtigt. Hat ein Arbeitgeber mit dem Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung längere Zeit zugewartet, so hat damit bereits zum Ausdruck gebracht, dass die Vertragspflichtverletzung offensichtlich nicht so schwerwiegend ist, dass ihm eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar sei. Dieser Umstand ist im Rahmen der Interessenabwägung zu Gunsten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen.

 

Wie setzt sich ein Arbeitnehmer gegen eine verhaltensbedingte Kündigung zur Wehr?

Erhält der Arbeitnehmer eine verhaltensbedingte Kündigung, so hat er mit einer Frist von drei Wochen seit Zugang der Kündigung eine sogenannte Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einzureichen. Versäumt der Arbeitnehmer diese Frist, gilt die Kündigung als von Anfang an wirksam. Im Rahmen der Kündigungsschutzklage prüft das Arbeitsgericht, sofern der Arbeitnehmer den besonderen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz genießt, ob die Kündigung sozial gerechtfertigt war.

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