Kündigung in der Probezeit

Kündigung in der Probezeit – was gilt rechtlich?

Viele neue Arbeitsverhältnisse starten mit viel Hoffnung – und manchmal auch mit einer schnellen Ernüchterung. Die Kündigung in der Probezeit kommt für Arbeitnehmer oft überraschend und sorgt für viele Fragen: Darf der Arbeitgeber das einfach so? Müssen Gründe genannt werden? Welche Rechte habe ich?

Dieser Beitrag gibt einen verständlichen Überblick über die rechtliche Lage.

Was bedeutet Probezeit eigentlich?

Die Probezeit ist eine Art „Kennenlernphase“ im Arbeitsverhältnis. In dieser Zeit sollen beide Seiten – Arbeitnehmer und Arbeitgeber – prüfen, ob die Zusammenarbeit funktioniert. Gesetzlich ist eine Probezeit nicht zwingend vorgeschrieben, sie wird aber in der Praxis fast immer im Arbeitsvertrag vereinbart.

Nach § 622 Abs. 3 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch), kann während der Probezeit mit einer verkürzten Frist von zwei Wochen gekündigt werden. Diese Regelung gilt für beide Seiten. Auch der Arbeitnehmer kann demnach mit zwei Wochen Frist kündigen.

Die Probezeit darf maximal sechs Monate dauern. Nach Ablauf dieser Frist greift in der Regel der allgemeine Kündigungsschutz nach §1KSchG (Kündigungsschutzgesetz), sofern das Unternehmen mehr als zehn Mitarbeiter beschäftigt.

Kündigung in der Probezeit: schneller, aber nicht schrankenlos

Viele glauben, dass Arbeitgeber in der Probezeit völlig frei kündigen können. Das ist nicht ganz richtig. Zwar gilt das Kündigungsschutzgesetz in dieser Zeit noch nicht, aber auch in der Probezeit sind gesetzliche Mindeststandards einzuhalten.

So darf eine Kündigung etwa nicht gegen § 138 BGB verstoßen. Dort ist festgelegt, dass Verträge und Willenserklärungen sittenwidrig und damit nichtig sind, wenn sie gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstoßen.

Ein Beispiel:

Ein Arbeitgeber kündigt einem Mitarbeiter nach zwei Tagen, weil dieser seiner Meinung nach „nicht ins Team passt“, obwohl es keinerlei Anlass gab. Eine solche Kündigung kann in extremen Fällen sittenwidrig sein, wenn sie diskriminierend oder völlig willkürlich erfolgt.

Auch § 242 BGB (sog. Gebot von Treu und Glauben) kann eine wichtige Rolle spielen. Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben müssen sich Vertragspartner – auch im Arbeitsverhältnis – fair verhalten. Eine Kündigung, die offensichtlich widersprüchlich oder überraschend erfolgt, kann gegen diesen Grundsatz verstoßen.

Ein Beispiel:

Ein Arbeitgeber verspricht dem Arbeitnehmer am Freitag die Festanstellung nach der Probezeit und überreicht am Montag die Kündigung. Auch wenn die Kündigung formal korrekt ist, könnte dieses Verhalten als treuwidrig bewertet werden.

Formvorgaben – worauf bei der Kündigung in der Probezeit zu achten ist

Eine Kündigung muss schriftlich erfolgen. Das heißt, dass eine E-Mail, eine SMS oder ein Gespräch nicht ausreichen. Nur ein schriftlich unterzeichnetes Kündigungsschreiben im Original erfüllt das Schriftformerfordernis des § 623 BGB. Fehlt die Unterschrift oder wird das Schreiben nur digital übermittelt, ist die Kündigung unwirksam.

Außerdem gilt: Die Kündigung wird erst wirksam, wenn sie dem Arbeitnehmer zugeht – also in seinem Briefkasten liegt oder ihm persönlich übergeben wurde. Ab diesem Tag läuft die zweiwöchige Kündigungsfrist.

Während der Kündigungsfrist ist der Arbeitnehmer trotz Probezeit weiterhin verpflichtet, die vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung zu erbringen. Die Fortsetzung der Arbeitsleistung bis zum Ende der Kündigungsfrist ist wichtig, da die rechtlichen und finanziellen Pflichten der Vertragsparteien in dieser Hinsicht erhalten bleiben. Der Arbeitgeber ist demnach weiterhin zur Zahlung des Gehalts für die Dauer der Kündigungsfrist verpflichtet.

Gibt es auch in der Probezeit Kündigungsschutz?

Grundsätzlich ja, allerdings eingeschränkt. Der allgemeine Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz greift erst nach sechs Monaten Beschäftigung. Doch andere Schutzvorschriften greifen sofort, folglich auch in der Probezeit.

Unter besonderem Kündigungsschutz stehen:

  • Schwangere Arbeitnehmerinnen sind nach §17 MuSchG (Mutterschutzgesetz) besonders geschützt. Eine Kündigung ist in der Schwangerschaft grundsätzlich unzulässig und nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Aufsichtsbehörde möglich.
  • Schwerbehinderte Menschen benötigen für eine wirksame Kündigung die Zustimmung des Integrationsamts (§ 168 Sozialgesetzbuch IX).
  • Betriebsratsmitglieder haben ebenfalls besonderen Kündigungsschutz – auch in der Probezeit.
  • Auch Diskriminierung ist verboten: Eine Kündigung wegen Geschlecht, Religion, Herkunft, Alter oder sexueller Identität kann gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verstoßen und unwirksam sein.

Wenn der Arbeitnehmer selbst kündigen

Auch Arbeitnehmer können während der Probezeit kündigen – ebenfalls mit zwei Wochen Frist. Doch Vorsicht: Wer von sich aus kündigt, kann unter Umständen mit einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld rechnen. Das gilt immer dann, wenn kein sogenannter „wichtiger Grund“ für die Kündigung vorliegt.

Ein solcher wichtiger Grund könnte z. B. Mobbing am Arbeitsplatz, eine gesundheitliche Belastung oder ein unzumutbarer Arbeitsweg sein. Ohne nachvollziehbaren Anlass verhängt die Agentur für Arbeit regelmäßig eine Sperrzeit von bis zu 12 Wochen.

Folgende Punkte sollten bei einer Kündigung des Arbeitnehmers beachtet werden:

  1. Überprüfung des Arbeitsvertrags: Vor der Kündigung sollte der Arbeitsvertrag sorgfältig gelesen werden, um sich über die vereinbarte Kündigungsfrist und etwaige Besonderheiten im Klaren zu sein.
  2. Schriftform der Kündigung: Der Schritt der Kündigung sollte stets schriftlich erfolgen, um rechtlich abgesichert zu sein.
  3. Einhaltung der Kündigungsfrist: In der Probezeit beträgt die gesetzliche Kündigungsfrist zwei Wochen. Es ist wichtig, diese Frist zu wahren.
  4. Persönliches Gespräch suchen: Obwohl dies kein rechtliches Muss ist, kann ein persönliches Gespräch mit dem Vorgesetzten oder der Personalabteilung zum Ausdruck der Wertschätzung beitragen und einen professionellen letzten Eindruck hinterlassen.
  5. Übergabe von Arbeitsmitteln und Dokumenten: Vor dem letzten Arbeitstag sollten alle Unterlagen und Arbeitsmittel ordnungsgemäß übergeben werden.

Aufhebungsvertrag statt Kündigung – ist das sinnvoll?

In manchen Fällen wird kein Kündigungsschreiben übergeben, sondern ein Aufhebungsvertrag angeboten. Das ist eine einvernehmliche Vereinbarung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Sie kann auch in der Probezeit geschlossen werden.

Allerdings ist hier Vorsicht geboten. Wer einen Aufhebungsvertrag unterschreibt, verzichtet bewusst auf einen Teil seiner Rechte. Es gelten keine Kündigungsfristen, und auch der Kündigungsschutz greift nicht. Auch hier kann die Agentur für Arbeit eine Sperrzeit verhängen, wenn der Vertrag nicht aus triftigem Grund geschlossen wurde.

Wichtig ist außerdem: Der Vertrag darf nicht unter Druck zustande kommen. Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass Arbeitgeber fair verhandeln müssen (sog. Gebot fairen Verhandelns). Droht ein Arbeitgeber zum Beispiel mit einer unbegründeten fristlosen Kündigung, falls der Mitarbeiter den Aufhebungsvertrag nicht sofort unterzeichnet, kann der Vertrag unwirksam sein, er verstößt dann gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB).

Unser Rat: Nichts vorschnell unterschreiben. Holen Sie sich vor Unterzeichnung immer rechtlichen Rat.

Handlungsempfehlung im Falle einer Kündigung

Auch wenn die Kündigung in der Probezeit rechtlich einfacher ist, heißt das nicht, dass sie in jedem Fall korrekt ist. Wir empfehlen Ihnen folgendes Vorgehen:

  1. Dokumentieren Sie den Zugang der Kündigung – idealerweise mit Datum und Unterschrift.
  2. Melden Sie sich umgehend bei der Agentur für Arbeit – spätestens drei Tage nach Kündigung (§ 38 Sozialgesetzbuch III).
  3. Lassen Sie die Kündigung anwaltlich prüfen, insbesondere wenn Sie besonderen Kündigungsschutz haben oder die Kündigung unfair wirkt.
  4. Fordern Sie ein Arbeitszeugnis – auch bei kurzer Beschäftigung steht Ihnen ein qualifiziertes Zeugnis zu (§ 109 Gewerbeordnung – GewO).
  5. Überprüfen Sie offene Ansprüche – z. B. auf Resturlaub, Überstunden oder Lohn.

Fazit: Auch in der Probezeit gibt es Regeln

Die Probezeit ist keine rechtsfreie Zeit. Zwar ist es leichter, sich in dieser Phase vom Arbeitgeber oder Arbeitnehmer zu trennen, doch es gibt klare gesetzliche Rahmenbedingungen. Wer gekündigt wird, sollte genau prüfen (lassen), ob die Kündigung rechtmäßig ist. Und wer selbst kündigen möchte, sollte mögliche Nachteile – etwa bei der Arbeitsagentur – im Blick behalten.

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