Betriebsbedingte Kündigung

Betriebsbedingte Kündigung- was rechtlich gilt und wann sie zulässig ist

Die betriebsbedingte Kündigung gehört zu den häufigeren Kündigungsarten in der arbeitsrechtlichen Praxis. Dennoch herrscht häufig Unsicherheit darüber, unter welchen Voraussetzungen sie tatsächlich zulässig ist. Für Arbeitgeber ist es entscheidend, das Verfahren sauber vorzubereiten. Dagegen zählt für Arbeitnehmer wiederum die richtige rechtliche Einordnung, um gegebenenfalls erfolgreich dagegen vorzugehen.

Der folgende Beitrag erläutert, was eine betriebsbedingte Kündigung ausmacht, welche Prüfmaßstäbe gelten und wie typische Fehler vermieden werden können.

Rechtlicher Rahmen und Prüfung durch die Arbeitsgerichte

Wer als Arbeitgeber betriebsbedingt kündigt, muss sich an die Vorgaben des Kündigungsschutzgesetzes halten. Vorausgesetzt dieses findet Anwendung auf die konkrete Kündigung bzw. das zugrunde liegende Arbeitsverhältnis. Das ist der Fall, wenn im Betrieb regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt sind (§ 23 Abs. 1 KSchG) und das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate besteht. In solchen Fällen verlangt § 1 KSchG, dass die Kündigung sozial gerechtfertigt ist. Es müssen demzufolge dringende betriebliche Erfordernisse vorliegen, die eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers ausschließen. Die Kündigung darf also nicht auf bloßen Kostendruck oder allgemeine Zukunftsangst gestützt werden, sondern muss sich auf konkrete strukturelle oder wirtschaftliche Maßnahmen des Arbeitgebers zurückführen lassen. Arbeitsgerichte prüfen dabei nicht die Zweckmäßigkeit der unternehmerischen Entscheidung selbst, wohl aber, ob sie nachvollziehbar, konsistent und willkürfrei ist.

(BAG, BeckRS 2013, 74785, Leitsatz; LAG Hamm, BeckRS 2010, 72381, Leitsatz)

Dringende betriebliche Erfordernisse – wann liegen sie vor?

Nicht jede betriebliche Veränderung reicht allerdings aus, um eine Kündigung zu rechtfertigen. Der Arbeitgeber muss nachweisen, dass durch eine unternehmerische Entscheidung, z.B. eine Umstrukturierung, eine Standortverlagerung, die Einführung neuer Technologien oder eine Reduzierung von Personal der konkrete Arbeitsplatz des betreffenden Arbeitnehmers dauerhaft entfällt. Die Maßnahme muss dabei tatsächlich umgesetzt werden, eine bloße Ankündigung genügt nicht. Auch eine negative Prognose, wie sie beispielsweise bei anhaltendem Auftragsrückgang der Fall ist, kann als betrieblicher Grund anerkannt werden, sofern sie belastbar begründet wird. Selbst wenn vorher Kurzarbeit angeordnet wurde, schließt dies eine betriebsbedingte Kündigung nicht zwingend aus. Jedenfalls dann nicht, wenn sich zeigt, dass der Auftragsrückgang und der damit entsprechend verbundene Arbeitsausfall eben nicht nur vorübergehend ist.

Weiterbeschäftigungspflicht und Sozialauswahl

Die Prüfung endet nicht mit dem Wegfall des Arbeitsplatzes. Der Arbeitgeber ist verpflichtet zu prüfen, ob der Arbeitnehmer auf einem anderen freien Arbeitsplatz im Unternehmen weiterbeschäftigt werden kann. Dabei sind gegebenenfalls durch den Arbeitgeber auch zumutbaren Fortbildung oder Versetzung zu berücksichtigen. Diese Anforderung der alternativen Weiterbeschäftigung ist nicht nur eine formale Anforderung, sondern ein zwingender Bestandteil der sozialen Rechtfertigung. Liegt keine freie Stelle vor oder ist eine solche aufgrund objektiver Anforderungen nicht geeignet, darf gekündigt werden, andernfalls dagegen nicht.

Darüber hinaus ist der Arbeitgeber verpflichtet bei mehreren vergleichbaren Arbeitnehmern eine sogenannte Sozialauswahl treffen. Dabei sind primär Lebensalter, Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten und ein eventuell bestehender Grad der Schwerbehinderung zu berücksichtigen. Eine grob fehlerhafte Auswahl kann in diesem Zusammenhang regelmäßig zur Unwirksamkeit der Kündigung führen.

(Herschel, AP KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 15)

Beteiligung des Betriebsrats

Ist im Betrieb ein Betriebsrat vorhanden so darf eine Kündigung, auch beim Vorliegen betriebsbedingter Kündigungsgründe, nicht ohne vorherige Anhörung ausgesprochen werden. Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat die Gründe für die Kündigung vollständig mitteilen und diesem Gelegenheit zur Stellungnahme geben. Dabei genügt es nicht, pauschale Formulierungen zu verwenden oder lediglich allgemeine wirtschaftliche Entwicklungen zu schildern, vielmehr ist eine konkrete Darlegung der für die Kündigung kausal gewordenen Umstände erforderlich. Unterbleibt die Anhörung oder ist sie fehlerhaft, ist die Kündigung nach ständiger Rechtsprechung unwirksam, auch unabhängig davon, ob sie inhaltlich gerechtfertigt gewesen wäre. Das gilt selbst dann, wenn der Arbeitnehmer keinen direkten Bezug zur Mitbestimmung erkennen kann, denn die Formvorschrift ist zwingend.

(Hueck, AP KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 10)

Kündigung im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang

Wird ein Betrieb verkauft oder auf einen anderen Rechtsträger übertragen, handelt es sich um einen sogenannten Betriebsübergang gemäß § 613a BGB. In diesen Fällen ist eine Kündigung allein wegen des Übergangs grundsätzlich unzulässig. Die Rechtsprechung verlangt, dass das Kündigungsmotiv nicht in dem Übergang selbst liegen darf. Entscheidend ist, ob die Fortführung des Arbeitsverhältnisses unter dem neuen Inhaber grundsätzlich möglich und zumutbar gewesen wäre. Wird dennoch gekündigt und ergibt sich aus den Umständen, dass der Betriebsübergang zumindest mitursächlich kausal geworden ist, so kann die Kündigung unwirksam sein. Arbeitgeber sollten folglich bei Umstrukturierungen den Kündigungsgrund klar dokumentieren und vom Betriebsübergang sachlich abgrenzen. Dies sollte sich nicht zuletzt in der schriftlichen Darlegung der Kündigungsgründe wiederfinden.

(BeckOK BGB / Baumgärtner, § 613a Rn. 74–77)

Abfindung

Ein weit verbreiteter Irrtum ist die Annahme, dass jede betriebsbedingte Kündigung automatisch mit einem Abfindungsanspruch verbunden ist. Das stimmt mithin nur unter bestimmten Bedingungen. Nach § 1a KSchG kann der Arbeitgeber im Kündigungsschreiben erklären, dass er eine Abfindung zahlt, wenn der Arbeitnehmer keine Kündigungsschutzklage erhebt. In diesem Fall entsteht ein gesetzlicher Anspruch auf die angebotene Abfindung (in der Regel ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr). Voraussetzung ist allerdings, dass der Arbeitnehmer die Klagefrist verstreichen lässt. Eine spätere Geltendmachung der Abfindung nach Klageerhebung ist dann ausgeschlossen. Umgekehrt gilt allerdings, dass wenn geklagt wird, der Anspruch auf Zahlung einer Abfindung entfällt, selbst wenn die Kündigung rechtmäßig gewesen wäre.

Außerordentliche Kündigung bei Unkündbarkeit

In seltenen Konstellationen ist ein betriebsbedingte Kündigung auch außerordentlich möglich, so etwa bei tariflich ordentlich unkündbaren Arbeitnehmern. Voraussetzung ist in diesen Fällen, dass der Arbeitsplatz dauerhaft entfällt und keine andere Beschäftigungsmöglichkeit besteht. Die Anforderungen an die Darlegungslast des Arbeitgebers sind hier besonders hoch. Die Rechtsprechung verlangt, dass die Maßnahme ausnahmsweise so gravierend ist, dass auch ein unkündbarer Arbeitnehmer nicht mehr sinnvoll weiterbeschäftigt werden kann. Die außerordentliche betriebsbedingte Kündigung bleibt damit ein Sonderfall und ist nur zulässig, wenn alle Alternativen ausgeschöpft wurden und eine objektive Unzumutbarkeit der Fortsetzung besteht.

(LAG Köln, BeckRS 2002, 30902978, Leitsatz)

Wiederholungskündigung – keine zweite Chance bei gleichem Sachverhalt

Hat ein Gericht eine Kündigung bereits für unwirksam erklärt, darf der Arbeitgeber dieselbe Kündigung nicht ohne Weiteres erneut aussprechen. Nur wenn sich der zugrunde liegende Sachverhalt nachweislich wesentlich verändert hat, ist eine Wiederholung zulässig. Ansonsten besteht die Gefahr, dass das erneute Vorgehen als rechtsmissbräuchlich gewertet wird. Die Rechtsprechung verlangt, dass neue Tatsachen oder Umstände eine erneute Kündigung objektiv rechtfertigen. Pauschale Hinweise auf „aktuelle wirtschaftliche Entwicklungen“ genügen auch hier nicht, sondern es kommt auf nachvollziehbare Änderungen im betrieblichen Ablauf oder in der Personalstruktur an.

(LAG Rheinland-Pfalz, BeckRS 2016, 73041, Entscheidungsgründe)

Fazit

Betriebsbedingte Kündigungen bieten für Arbeitgeber ein legitimes Mittel zur Anpassung an wirtschaftliche Veränderungen, sie sind aber an klare rechtliche Voraussetzungen gebunden. Arbeitnehmer sollten eine solche Kündigung nicht ungeprüft hinnehmen, denn Fehler in der Begründung, bei der Sozialauswahl oder im Verfahren sind häufig. Zu beachten ist, dass die Kündigungsschutzklage binnen drei Wochen erhoben werden muss. Wer diese Frist versäumt, riskiert damit einen endgültigen Rechtsverlust. Arbeitgeber wiederum sind gut beraten, ihre Entscheidungen frühzeitig juristisch begleiten zu lassen. So lassen sich unnötige Risiken und spätere (teure und zeitintensive) Streitigkeiten vermeiden.

770 616 SSBP
Start Typing