Oft wird die Frage gestellt, ob die Arbeitgeber allen Mitarbeitenden gleichermaßen eine Inflationsausgleichsprämie zahlen müssen, oder ob eine Beschränkung der Zahlung auf einzelne Mitarbeitende oder Gruppen von Mitarbeitenden in einem Betrieb möglich ist.
Hierzu stellt die neuere, zu dieser Frage ergangene Rechtsprechung fest, dass ein Ausgleich der inflationsbedingten Teuerungsrate nicht allen Arbeitnehmern gleichmäßig gewährt werden muss, wenn sachliche Gründe für eine Differenzierung bestehen. Die Geltung verschiedener Vertragsmodelle allein ist lediglich ein formeller Gesichtspunkt und ersetzt nicht den sachlichen Grund für die Differenzierung. Eine Gruppenbildung ist nur dann gerechtfertigt, wenn die Unterscheidung einem legitimen Zweck dient und zur Erreichung dieses Zwecks erforderlich und angemessen ist.
Das Arbeitsgericht Paderborn hat in einem Urteil vom 6.7.2023 (1 Ca 54/23) entschieden, dass ein Arbeitgeber die Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie auf bestimmte Arbeitnehmer beschränken darf, wenn sachliche Gründe für eine Differenzierung bestehen.
Im vorliegenden Fall hatte der Arbeitgeber den bei ihm beschäftigten Arbeitnehmern den Abschluss neuer Arbeitsverträge angeboten, die einen Verzicht auf eine Jahressonderzahlung enthielten. Einige Arbeitnehmer, darunter die Klägerin, hatten das Angebot nicht angenommen. Der Arbeitgeber hatte daraufhin eine Inflationsausgleichsprämie nur an diejenigen Mitarbeiter ausgezahlt, die auf eine Sonderzahlung verzichtet hatten.
Das Gericht stellte fest, dass die Geltung verschiedener Vertragsmodelle ein formeller Gesichtspunkt ist und keinen sachlichen Grund für die Differenzierung ersetzt. Eine Gruppenbildung ist nur dann gerechtfertigt, wenn die Unterscheidung einem legitimen Zweck dient und zur Erreichung dieses Zwecks erforderlich und angemessen ist.
Das Urteil stellte auch klar, dass kein Verstoß gegen das Maßregelverbot gemäß § 612a BGB vorlag. Dieses Gesetz verbietet jede Benachteiligung des Arbeitnehmers, sowohl unmittelbare als auch mittelbare, wenn der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass die rechtswidrige Benachteiligung durch den Arbeitgeber beseitigt wird. Die Beseitigung kann nur dadurch erfolgen, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer so stellt, wie er ohne die Maßregelung stünde.
Im vorliegenden Fall war die Ausübung der Rechte durch die Klägerin jedoch nicht kausal für die von der Beklagten vorgenommene Maßnahme. Die Beklagte hat die Klägerin nicht von der Gruppe der Arbeitnehmer ausgenommen, an die sie eine Inflationsausgleichsprämie gezahlt hat, weil sie keinen neuen Arbeitsvertrag unterschrieben hatte. Der Grund für die Zahlung der Inflationsausgleichsprämie war vielmehr die gestiegene Inflation und damit verbundene Mehrbelastung der Arbeitnehmer. Hier hat die Beklagte bei der Verteilung zulässigerweise zwischen Arbeitnehmern, die bereits Anspruch auf eine Sonderzahlung haben, und Arbeitnehmern, die ansonsten keine Sonderzahlung erhalten, differenziert.
Dieses Urteil unterstreicht die Bedeutung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes und des Maßregelverbots im Arbeitsrecht. Es zeigt auch, dass Arbeitgeber bei der Gewährung von Leistungen an ihre Mitarbeiter sachliche Gründe für jegliche Differenzierung haben müssen.
Mitgeteilt von RA Kai Dumslaff (Fachanwalt für Arbeitsrecht)
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