Innenbandriss im Knie im Partyzug – Wer haftet?
Das Landgericht Koblenz hatte sich mit einem Fall zu beschäftigen in dem es zu klären galt, wer haftet, wenn ein Fahrgast in einem Partywagen der Bahn bei einer Vollbremsung stürzt.
Die Klägerin hat sich im „Samba-Wagen“ auf der Tanzfläche des Sonderzuges der Beklagten zu 1) befunden. Plötzlich habe der Zug abrupt abgebremst, wodurch sie von stürzenden Mitreisenden zu Boden gerissen wurde und sich dabei einen Innenbandriss im Knie zugezogen hat.
Die Klägerin verlangte von der Beklagten zu 1), welche diese Sonderfahrten anbot und von der Beklagten zu 2), als Betreiberin des Schienennetzes ein Schmerzensgeld in einer Größenordnung von 6.000,00 €, sowie die Erstattung der ihr entstandenen Kosten.
Die Beklagte zu 2) wies die Verantwortung von sich, weil die automatische Bremsung durch ein Sicherheitssystem ausgelöst worden sei, als der Zug ein Haltesignal überfahren habe.
Die Beklagte zu 1) vertrat hingegen die Auffassung, dass die Bremsung durch einen Defekt eines zum Schienennetz gehörenden Impulsgebers ausgelöst worden sei, sodass allein die Beklagte zu 2) für den Vorfall hafte. Zudem wandten die Beklagten ein, hätte es der Klägerin oblegen, zu beweisen, dass sich der Sturz so zugetragen habe, wie von ihr geschildert.
Nicht zuletzt treffe die Klägerin eine Mitschuld, weil sie Alkohol konsumiert habe und sich nicht festgehalten habe.
Das Landgericht Koblenz und dort die 3. Zivilkammer hat die Beklagten gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 4.000,00 €, sowie die ihr entstandenen Kosten zu zahlen.
Nach durchgeführter Beweisaufnahme gelangte die 3. Zivilkammer des LG Koblenz zu dem Ergebnis, dass die Klägerin tatsächlich nach einer plötzlichen Bremsung im sogenannten „Samba-Wagen“ auf der Tanzfläche gestürzt sei und sich dabei die geschilderten Verletzungen zugezogen habe.
Eine Haftung der Beklagten leitete die 3. Zivilkammer des LG Koblenz aus § 1 Haftpflichtgesetz her. Danach haftet der Betriebsunternehmer, wenn bei dem Betrieb einer Schienenbahn (…) ein Mensch getötet, der Körper oder Gesundheit eines Menschen verletzt (…) wird. Es handelt sich dabei um eine verschuldensunabhängige Haftung, was bedeutet, dass die Klägerin ein Verschulden der Beklagten – Vorsatz oder Fahrlässigkeit – gerade nicht beweisen muss.
Zu klären sei nach dem Landgericht Koblenz nicht die Frage, warum eine Zwangsbremsung ausgelöst worden sei. Darauf käme es im Schadenersatzprozess nicht an. Sowohl die Beklagte zu 1), als auch die Beklagte zu 2) seien Bahnbetriebsunternehmer im Sinne des Haftpflichtgesetzes und somit haften beide gesamtschuldnerisch der Klägerin gegenüber. Die rechtliche Trennung zwischen Zugbetreiber und Schienenbetreiber sei ausschließlich eine Frage der internen Haftungsverteilung. So würde es nicht der Klägerin obliegen, feststellen zu müssen, welcher Betriebsteil für ihren Unfall die Verantwortung trage.
Auch ein Mitverschulden müsse sich die Klägerin nicht anrechnen lassen.
Man könne ihr nicht vorwerfen, dass sie sich in einem zum Feiern eingerichteten Wagen auf der Tanzfläche aufhielte und sich nicht festgehalten habe. Zudem existierten Haltemöglichkeiten tatsächlich nicht.
Auch der Alkoholkonsum kann nicht zur Anrechnung eines Mitverschuldens führen, weil er für den Sturz nicht ursächlich gewesen sei. Insoweit waren die Beklagten beweispflichtig.
So das Landgericht Koblenz mit Urteil vom 20.01.2022 zu Az. 3 O 325/20. Anzumerken ist jedoch noch an dieser Stelle, dass das Urteil noch nichts rechtkräftig ist und somit abzuwarten ist, ob Kläger- oder Beklagtenseite in Berufung zum Oberlandesgericht Koblenz gehen.
Mitgeteilt von RA Christine Brauner-Klaus
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